Multi-Champion Fiona della Casa delle Carezze

Geschirr oder Halsband

Die Frage ob ein Geschirr sinnvoll ist, stellen sich sicherlich viele. Noch immer werden zuviele Hunde - die an der Leine ziehen - an Kettenhalsbändern, Lederhalsbändern oder auch Moxonleinen geführt. In einigen Situationen mögen diese Sachen ausbildungstechnisch zwar einsatzberechtigt sein, doch möchte ich hier einige gesammelte Infos dazu aufführen:

Augendruckproblematik

Noch vor einigen Jahren sah man lediglich kleine Hunderassen, die mit einem Brustgeschirr von Frauchen oder Herrchen geführt wurden.
Die großen Vertreter unserer vierbeinigen Freunde wurden hingegen mit starken Lederhalsbändern, Stahlhalsbänder oder sogar Würgehalsbänder ausgestattet, was das Führen des Hundes erleichtern sollte.
Mittlerweile sieht man jedoch auch größere Hunderassen, die per Brustgeschirr geführt werden und sich auch ohne Würgehalsband führen lassen.
Dieses kann aus medizinischer Sicht nur begrüßt werden, insbesondere wenn man die neusten Forschungsergebnisse amerikanischer Wissenschaftlern der School of Verterinary Medicine, University of Wisconsin-Madison berücksichtigt.
Dort wurden Hunde untersucht, die stark am Halsband oder Brustgeschirr ziehen.
Gemessen wurde während einer „Zugaktion“ der Hunde der intraokuläre Druck (IOP, Augeninnendruck). Bei Hunden mit Halsband stiegt der IOP signifikant an, nicht jedoch bei den Tieren mit Brustgeschirr. Dieses Resultat ist für den Umgang mit bestimmten Hunden (Hunderassen) äußerst wichtig, hier muss das Halsband gegen ein Brustgeschirr umgehend ausgetauscht werden, will man nicht schwerwiegende Erkrankungen in Kauf nehmen.
Welche Hunde (Hunderassen) sind nun betroffen?
Generell alle Hunde mit einer dünnen und schwachen Hornhaut (Cornea), auch Hunde mit der Ausbildung eines Glaukoms (grüner Star) und Hunden mit Erkrankungen, für die eine Erhöhung des IOP negativ wäre.
Insbesondere Hunderassen, die aufgrund ihrer Anatomie, und/oder ihrer Rasse zum Glaukom neigen sollten ausschließlich mit Brustgeschirr geführt werden. Die Neigung zum grünen Star verteilt sich sowohl auf Vertreter großer, als auch kleiner Rassen. So finden sich in dieser gefährdeten Gruppe Boxer, Labrador Retriever, Dackel, Chow Chow, Dalmatiner, Malteser, Deutsches Drathhaar, Cavalier King Charles Spaniel, verschiedene Terrierarten (Foxterrier, Jack Russel Terrier, Cairn Terrier) und etliche andere Rassen zusammen.
In Anbetracht der aufgeführten Erkenntnisse und gesundheitlichen Risiken meine Empfehlung und dringende Bitte: jeder Hund sollte mit einem Brustgeschirr geführt werden. Halsbänder, seien sie noch so schön (fürs eigene Ego) haben am Hundehals nichts zu suchen - es sei denn der Hund ist bereits sicher "führig".

Weitere Vorteile von Geschirren


1. Ein gut sitzendes Brustgeschirr schont die Halswirbelsäule Ihres Hundes. Die Wirbelsäule eines Hundes ist genauso aufgebaut wie die menschliche. Wird im Training mit z.B. einem Kettenhalsband und mit Leinenruck gearbeitet, kann es passieren, dass der vom Halsband ausgehende Druck genau zwischen 2 Wirbeln abgefangen wird, was je nach Stärke der Einwirkung zu Prellungen der Wirbelsäule oder sogar zu Bandscheiben- verschiebungen führen kann. Viele Halswirbelsäulen-Erkrankungen bei Hunden haben hier ihren Ursprung. Stellen Sie sich bitte vor Sie trügen ein Halsband und jemand würde von hinten kräftig daran rucken! Keine angenehme Vorstellung, oder?

2. Kehlkopf und Halsmuskulatur bleiben durch das Tragen eines Brustgeschirrs ebenfalls unbelastet. Das Tragen eines Halsbandes dagegen belastet beides sehr stark. Durch den Zug des Halsbandes werden sowohl der Kehlkopf, als auch die oberen Atemwege beeinträchtigt, Kehlkopfquetschungen oder chronisches Husten durch die Überreizung des Kehlkopfes sind leider gar nicht so selten. Die einzige Möglichkeit für den Hund Kehlkopf und Atemwege freizuhalten und zu schützen besteht
darin, die Halsmuskulatur stark anzuspannen und so das Halsband
durch die Muskulatur von diesen Organen fernzuhalten.
Klinische Studien haben ergeben, dass die dadurch entstehenden
Verspannungen in der Halswirbelsäule zu der gleichen Symptomatik wie beim Menschen führen: Kopfschmerz, Schwindelgefühl, Schmerzen in
der Wirbelsäule oder ähnliches. Im Gegensatz zu uns kann der
Hund sich jedoch nicht mitteilen, er kann uns nicht sagen: „Heute ist mir schwindelig und ich habe Kopfweh“. Dieses beständige Unwohlsein und die
andauernden Schmerzen sind oftmals der Grund für aggressives Verhalten.

3. Verhaltensbeobachtungen an Hunden haben zu dem Ergebnis geführt, dass der Hals eine besondere Rolle im Sozialverhalten eines Hundes spielt. Der Hals als soziales Organ des Hundes sollte vor unnötigen Einwirkungen geschützt werden. Der Hals spielt in der taktilen Kommunikation der Hunde eine wesentliche Rolle: Berührungen an der Oberseite des Halses drücken in der Hundesprache Dominanz aus. Berührungen an der Unterseite des Halses dagegen Subdominanz/ Unterwerfung. Die Seitenpartien des Halses sind nur ganz guten Freunden vorbehalten (Pflegeverhalten). Der Hals ist auch bei uns Menschen eine sehr empfindliche Körperpartie und Berührungen am Hals sind etwas sehr intimes. Denken Sie nur an den Ausspruch: „Bleib mir bloß vom Hals“. Trägt der Hund ein Halsband, so stumpft die Empfindsamkeit für diese Signale ab, da der Hund praktisch ständig irgendwo am Hals Impulse erhält ( Wir Menschen verwenden den Ruck am Hals meistens unbedacht und oft als Erziehungs-Maßnahme) . Vielleicht erklärt dies auch die oftmals entsetzte Reaktion eines Welpen, der zum ersten mal ein Halsband umgelegt bekommt.
Viele Menschen versuchen nun dem Hund durch Leinenruck dieses Ziehen abzugewöhnen. Der unangenehme Leinenruck wird vom Hund, da er einen Impuls an der Halsunterseite bekommt, als plötzlicher Angriff angesehen und löst so eine Fluchtreaktion aus. Der Hund empfindet einen Leinenruck als Drohgeste. Bei jedem Leinenruck am Hals wird für den Hund die Frage nach dem Respekt angesprochen. Diese bleibt unbeantwortet, weil uns Menschen die soziale Wirkung, die diese Maßnahme auslöst, gar nicht bewusst ist, Diese Impulse werden extrem negativ über das Anlegen sogenannter “Erziehungshalsbändern“, das sind Würger, Stachelhalsbänder und Elektroschockhalsbändern verstärkt.
Durch das Tragen eines Brustgeschirrs wird dieser unangenehme Druck vom Hals des Hundes genommen. Bei ca. 20% der Fälle gibt sich das Ziehen durch das Tragen eines Brustgeschirrs von ganz allein, mit dem entsprechenden Programm zur Leinenführigkeit ist dem Hund das Ziehen an der Leine auch ohne Leinenruck abzugewöhnen.

4. Das Brustgeschirr birgt noch weitere Vorteile. Durch den auf dem Rücken liegenden Steg können Sie den Hund viel besser und schneller festhalten. Dieser Griff ist, besonders bei langhaarigen Hunden viel besser zu erreichen als ein Halsband das irgendwo im dichten Fell liegt. Für den Hund ist das Halten am Rückensteg ebenfalls viel angenehmer.
Verletzungen an der Hand des Hundehalters durch einen sich im Halsband windenden Hund werden vermieden.